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webguide siteseeing by ia-a institut für architektur + archäologie . architekturikonen . villen . côte d'azur + rivieraentsteht die Seite 11 Blauer Reiter in St. Tropez von Alfred Werner Maurer.


Blauer Reiter in Saint Tropez (FR)













































































































































































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Blauer Reiter in Saint-Tropez, Bericht zur Ausstellung >Le Cavalier Bleu 1908-1914<
>Doatello parmi les Fauves!  > Beitrag zum Verständnis der > B.R.<

Von Alfred Werner Maurer

Die wichtigsten Maler der nachimpressionistischen Epoche bis hin zum Kubismus sind im Musée de L'Annonciade in Saint-Tropez auf kleinstem Raume versammelt. Es fehlt fast kein wichtiger: Bonnard, Braque, Camoin, Cross, Derain, van Dongen, Dufy, Dunoyer de Segonzac, Friesz, Lebasque, Lhote, Manguin, Marquet, Matisse, van Rysselberghe, Seurat, Vlmink, Vuillard etc. Nun gesellen sich noch die Maler der Künstlergruppe "Le Cavalier Bleu 1908-1914" für einige Zeit dazu. Zu erleben der pseudowissenschaftliche Pointillismus, die romantische wie charmante Rücknahme impressionistischer Aussagen und die farbexplosive Wucht des Fauvismus und die kubistischen bis abstrakten Bildinhalte der B.R.-Künstler.

Der Titel des von W. Kandinsky und F. Marc 1912 in München herausgegebenen Almanachs, der zu der bedeutendsten Programmschrift der Kunst des 20. Jh. wurde, sollte den Aufbruch zu einer neuen, "geistigen" Kunst symbolisieren, die den Materialismus des 19. Jh. ablehnte. Als Gegenbewegung zum Expressionismus der Dresdner >Brücke< entsteht durch Initiative Kandinskys eine Auseinandersetzung um dessen Werk "Das Jüngste Gericht" und es kommt zu einer Aufspaltung der Der Blaue Reiter< mit den Malern Kandinsky, Marc, Macke, Klee, Jawlensky und der Malerin Münter hervorgeht.


Auf der ersten von den >B.R.< veranstalteten programmatischen Ausstellung am 18.11.1911 in der Münchner Galerie Thannhauser mit ihren Exponaten sollte das theoretische Fundament der Schriften sich demonstrativ im Kunstwerk selbst bestätigen. Neben Kandinsky, Marc, Macke, Jawlensky und Gabriele Münter sind auch die Bilder von zwei so extremen Exponenten der französischen Künstler Henri Rousseau und Robert Delaunay ausgestellt, deren Werke die Künstlerfreunde um Kandinsky zutiefst bewundern. Für Kandinsky zwei bedeutende Komponenten -das >Große Reale< und das >Große Abstrakte<, wie er dies in seinem 1912 erschienenen Buch >Über das Geistige in der Kunst - Vom Gegenstand unabhängigen Ausdruck von Form und Farbe< postulierte.


Henri Julien Félix Rousseau, genannt >le Douanier< frz. >der Zöllner< (1844-1910) hatte engen Kontakt mit Delaunay, dem Schriftsteller und Förderer der >Naiven< Wilhelm Uhde, und dem Kreis um Picasso und Apollinaire. 1891 malte er das erste seiner berühmten exotischen Dschungelbilder (Sturm im Dschungel), dem großartige phantastische Bilderfindungen von tiefer Poesie folgten (z. B. Die Schlangenbeschwörerin, 1907).


Robert Delaunay (1855-1941) stellte 1911 mit den Kubisten und dem Blauen Reiter aus. Die farbige Zerlegung des Lichts, die er in seiner Serie Eiffeltürme (1910-1911) darstellte beeinflusste u. a. auch die Maler des Blauen Reiters. Seine 1912 einsetzende Reihe der Fensterbilder markierte den Beginn einer auf Farbe und Licht basierenden Stilperiode die als >orphistisch<*1) bezeichnet wird. Diese von der Theorie des Simultankontrast der Farbe beeinflusste Farbarchitekturen führen zu einer auf der dynamischen Eigenschaft der reinen prismatischen Farbe beruhenden Abstraktion.


L. Vauxcelles kunstkritischer Ausruf: Doatello parmi les Fauves! (frz. unter den wilden Tieren) im Pariser Salon d'Automne 1905 hatte zuvor der Kunst der geschlossen auftretende Gruppe von französischen Malen um H. Matisse und den farbstarken Bildern dieser Gruppe >Fauves< (frz. Wilde) ihren Namen gegeben.


Aus der deutsch-französischen Ausstellungskooperation entwickelt sich ein intensiver und sehr fruchtbarer künstlerischer Ideenaustausch, so dass kubisch-abstrakte Einflüsse von Delaunay fortan bei den Künstlern des >B.R.< nachweisbar sind. Die Blauen Reiter waren aufgeschlossen gegenüber den Einflüssen nationaler avantgardistischer Strömungen, wie Kubismus, Futurismus und Orphismus und nahmen zugleich Anregungen aus russischer und bayrischer Volkskunst, der Laienmalerei, der Kinderzeichnung auf. Bezeichnend innerhalb der Gruppe ist die breite Skala der künstlerischen Ausdrucksformen.


Im >Blauen Reiter< schafft Wassily Kandinsky (1866-1944) die ästhetisch-theoretischen Voraussetzungen für eine Lösung der künstlerischen Gestaltungsmittel von ihrer konventionellen Beschränkung des 19 Jh. Die >unermessliche Freiheit der Kunst< in der >Synthese< ihrer Gattungen, die Kandinsky in seinem Werk erstrebt, wird für Franz Marc (1880-1916) zum Argument für die Zugehörigkeit zum >Blauen Reiter<, wie er in seinem Aufsatz >Die Wilden Deutschlands< bekennt.


Zeigte Kandinskys gegenständliches Frühwerk noch die Einflüsse russischer Volkskunst, des Neoimpressionismus und des Jugendstils. So befreite Monets Bild Heuhaufen und der Fauvismus seine Farbe vom Figürlichen und ab 1910 fand er zu seinen abstrakt expressionistischen Kompositionen und Improvisationen. Ab 1917 erfahren seine Bilder unter dem Einfluss des Konstruktivismus eine immer stärkere geometrische Verfestigung der Form.

In seiner mystischen Auseinandersetzung mit dem Symbolgehalt der Farbe entstanden ab 1911 die für Franz Marc charakteristischen Tierbilder, darunter die roten Pferde (1911), in denen die Farbe ein vom Gegenstand abgelöstes Eigenleben führt. Seinem Streben nach Vergeistigung der Form kamen (ab 1912) der Kubismus in seiner orphistischen Form sowie der Futurismus zur Hilfe.

August Macke (1887-1914), zunächst beeindruckt durch die Impressionisten Gauguin und Matisse u. a. reiste mit Marc nach Paris wo er Delaunay kennen lernte und von dessen Orphismus*1 stark beeindruckt wurde. Mit Klee und René Moilliet (1880-1962) unternahm er 1914 eine Reise nach Tunis, die in großartigen Aquarellen von blühender Farbigkeit ihren Niederschlag fand. Macke mit einer der Außenwelt zugewandten Malerei, die anfänglich beim Impressionismus und Cézanne ansetzte, unter dem Einfluss von Matisse farbig und formal an Ausdruck gewann und dann kubistische und futuristische Elemente annahm. 1912 fand er durch die Fensterbilder Delaunays zu einer eigenen Sprache, die in kristallinisch gegliederten Bildstrukturen und prismatischen Farben das Bild der Wirklichkeit poetisch einfing. Ab 1913 versuchte sich Macke in abstrakten Bildern gänzlich von der Welt der Materie zu lösen. Vor allem er ist von den Arbeiten Delaunays beeindruckt, Licht nicht nur in seiner physikalischen Erscheinungsweise, sondern auch als spirituelle Dimension durch Farbvaleurs auszudrücken bei gleichzeitiger Aufgliederung des Volumens in prismatische Farbkörper ohne die gegenständliche Motive aufzulösen. Die Ausstellung von 1911 in München erfährt ihre Resonanz gerade durch die wichtigen Arbeiten des Franzosen Delaunay aus der Eiffelturm-, Paris- und Kathedralenserie.

Paul Klee (1879-19409 begegnete 1912 in Paris Delaunay und war zugleich auch tief beeindruckt von den Werken von Cézanne und Matisse. Klee experimentierte wie die Surrealisten mit dem Automatismus freigesetzter innerer Bilder und fand durch Assoziation und Erinnerung zum Bildinhalt. Klee begriff Kunst nicht als Mittel zur Wiedergabe der Wirklichkeit, sondern als einen Schöpfungsakt parallel zur Natur. Nach den künstlerischen Anfängen, die von der Vorherrschaft der Linie geprägt sind, erfolgt 1914, angeregt durch eine Tunesienreise zusammen mit August Macke und Luis Moilliet, Klees Hinwendung zur Farbe. Ab dieser Zeit wird die Farbe zu seinem unentbehrlichen Bildmittel.

Den Einfluss vom Matisse mit der Benutzung von kraftvollen Farben und pointierter Umrisse trägt der Russe Aleej von Jawlensky (1864-1941) in die Künstlergruppe. Abstrakte Meditationen sind seine auf der russischen Ikonenkunst und in der Auseinandersetzung mit den Werken des französischen Nachimpressionismus aufbauenden Bilder.

Paul Klees gezeigtes Werk >Hommage à Picasso< stellt ein Oval auf schwarzem Grund mit unten und oben abgeschnittenen Rundungen dar. Es ist unregelmäßig in rechteckige und viereckige Felder variabler Größe eingeteilt, die zusammen ein Rastermuster relativ freier Art bilden Es fügen sich einzelne Felder aneinander gereihter und sich überlagerten Recht- und Vierecke einer bestimmten Farbe mit zum Teil "polyphoner" Überblendung zu einem dichten Farb-Form-Gewebe zusammen deren Farbfelder alle an den Koordinaten des Ovals ausgerichtet sind. Vorherrschend die Farben Gelb- Rot-gold und Dunkel-grün, vereinzelt Blau bis Schwarz. Klee verwendet verschiedene Buntfarben, das Hauptgewicht liegt auf Violett-, Blau- und Grüntöne, weshalb ein eher kühler, dunkler Gesamtfarbklang vorherrscht, zu dem die kleineren, zum Teil farbintensiveren Quadrate ein Gegengewicht bilden. Pablo Picasso und Georges Braque nutzten die Farb- und Formstudien der Spätimpressionisten, indem sie Raum und Gegenstand gleichermaßen in facettenartige Struktureinheiten zerlegten und mit diesen kompositorischen Bauelementen ein artifizielles, flächenadäquates Ordnungssystem erstellten, das den dargestellten Gegenstand simultan in seinen verschiedenen Ansichten präsentierte. Sie erreichten damit eine vielschichtigere Darstellung der Volumenverhältnisse als in der perspektivischen Blickbegrenzung.


Gabriele Münter (1877-1962) war seit 1911 Mitglied des

Die in der Ausstellung gezeigten Bilder der Künstlergruppe in der Zeit von 1908-1914 in Zwiesprache mit dem Bestand des Museums könnten Impuls sein dem Publikum die kulturelle Initiative zu übertragen. Diesem ermöglichen die idealistisch-romantische Komponente der >B.R.<, wie diese die Almanachredaktion in ihrer Streitschrift darlegte, zu erschließen, und damit auch den passiv Betrachtenden zum Museum des aktiv Beteiligten führt. Dem Ausstellungsorganisator Jean-Paul Monery gelingt mit seiner Aktivität die Vermittlung jener Zielsetzung der Almanachredaktion 95 Jahre nach dem Event. Er begeistert mit seiner Ausstellung vor allem durch den Mut der Neuauflage einer deutsch-französischen Kulturszene am richtigen Ort und im treffenden Umfeld. Dies ist das Besondere und das Einmalige an seiner Initiative. Der kleine Musentempel am Hafen wird hautnah zum Aktionsraum, man erlebt das Manifest der

Der gelungene Themenbereich und die daraus resultierenden Beziehungen und Wechselwirkungen der damaligen progressiven Kunstszene ist eine Glanzleistung organisatorischer Neuauflage der ausstellerischen Initiativen, die 1911 von der >B.R< ausgingen. Es wird den Besucher den Beginn vielfältiger Differenzierungen in der Wende von der Tradition zur Moderne erleben und diskutieren lassen. Dieses besondere Spektrum lässt das Musée de L'Annonciade in Saint-Tropez zum künstlerischen und musealen Brennpunkt werden.


*1
Orphismus, 1912 von dem Dichter G. Apollinaire geprägter Name für den gegenstandsfreien farbig ausgemalten Kubismus der Maler R. Delaunay und seiner Frau Sonja Delaunay-Terk. Der O. bildet seine Elemente nicht der Wirklichkeit nach, sondern der Künstler erschafft diese frei. Die scheinbar rhythmische Bewegung der Kompositionen durch nebeneinander gesetzte, kontrastierende Farbflächen war ein Hauptgestaltungsmerkmal.

Ergänzende Anmerkungen u. Konkretisierungen des Verfassers zum Bericht:
Es war mir ein besonderes Anliegen Ihrem o. g. Bericht das Besondere und Einmalige der Ausstellung - das Manifest- der deutsch-französische Dialog um die Wende von der Tradition zur Moderne anzufügen und mit diesen Anmerkungen auf die gezeigte Kunst neugierig zu machen, weil die Kunstströmung dieser Zeit erlebbar wird - dem Ausstellungsmacher Jean-Paul Monery ist damit ein Highlight gelungen.

Die in Saint-Tropez gezeigten Bilder der Künstlergruppe aus der Zeit von 1908 bis 1914 in Zwiesprache mit dem Bestand des Museums verleiht der Kollektion eine bestechende Dichte und Kompaktheit die das Publikum die neue Epoche der Malerei unter geändertem Blickwinkel erleben und Gegensätzlichkeiten diskutieren lässt.

Die Ansammlung von knapp hundert Werken der Malerei zwischen Impressionismus und Kubismus bzw. gegenstandsloser Malerei in zwei großen Sälen, verleiht der Kollektion eine bestechende Dichte und Kompaktheit, die den Besuchern erlaubt eine neue Epoche der Malerei zu verstehen. So erlebt man mit dem kleinen Ölbild von Seurat (Chénal de Gravelines, 1890) die höchste Ausformung des Pointelismus. Signac, van Rysselberghe, Cross verfolgen diesen Gedanken nicht weiter. Gauguins Einfluß spürt man im Bild von M. Denis >La premièr toilette< (1899). Neoimpressionismus und Fauvismus zeigen die Spätwerke von Marquet (Port de Boulogne, 1930, und La Seine á Paris, 1934, Friesz (Le Jardin du Cap Brun, 1930, und Les dahlias, 1939), Camoin (Le Canal de douane á Marseille, 1928, und La place des Lices á St. Tropez 1939) und Rouault (Paysage biblique, 1935). Der Anspruch der Farbe wird deutlich in Derains Bilder von London (Effets de soleil sur l'eau und Westminster, beide 1905) und im Bild von Vlamink (Le pont de Châtou, 1906 und van Vongen (En la Plaza, um 1911). Die kraftvolle Dynamik der Farbe von H. Matisse verdeutlichen 3 Bilder : >Paysage Corse< (1898), explosiv in

Jean-Paul Monery fügt zu diesem vorhandenen Bilderbestand französischer Künstler der nachimpressionistischen Epoche bis zum Kubismus die Bilder der deutsch-französischen Künstlergruppe >B.R.< , ein und verdeutlicht damit dem Besucher das technische Repertoire der Avantgarde und die Entwicklung der damaligen Kunstszene. Zugleich erweitert er mit diesen Bildern aus der Zeit von 1908 - 1914 seinen Bildbestand expressiver französischer Künstler um die Antiposition der deutschen Künstlergruppe. Durch den damit für den Betrachter möglichen Vergleich der ergänzten Bilderwelten wird dieser sich spontan mit der Kunst des Bestandes auseinandersetzen, selbst dann, wenn er ihn bereits kennt. Die Abkehr vom idealistischen Menschenbild des 19. Jahrhunderts wird mit der vom Ausstellungsmacher vorgenommenen Bildergänzung durch die B. R.-Gruppe noch deutlicher und damit für das Publikum besser erlebbar. Durch die Gegenüberstellung des Bilderbestandes und den Werken der B. R.-Künstler entsteht eine spannende Darstellung der damaligen Kunstszene ihrer Gemeinsamkeiten und Gegensätzlichkeiten. Deutlich wird dabei für den Besucher auch der intensive und sehr fruchtbare künstlerische Austausch der damaligen deutsch-französischen Ausstellungskooperation.


Beispiel: Betrachtet und vergleicht der Besucher das Bild Georges Seurat (1859-1891), dem Begründer des Neoimpressionismus, mit den Bildern der >B.R.< Gruppe so wird deutlich, dass die impressionistische Pinselstrichtechnik durch seinen (divisionistischen) Pointillismus ersetzt wird. Seurat reinigt wie Cézanne und Seurat sein Bildgefüge von der impressionistischen Skizzenhaftigkeit zu rasterartigen Punkten. Der dargestellte Gegenstand ist nicht mehr von den Gesetzen der perspektivischen Raumansicht (Verzicht auf eine tiefenperspektivische Illusion) abhängig, sondern wird in den Bildern kombiniert aus der Natur gewonnenen Urformen : Zylinder, Kugel und Kegel.


Dies führt aus meinen Erfahrungen dazu, dass die Besucher Bildeindrücke diskutieren, einen Standort einnehmen und die "Sachbank Museum" nicht nur wie eine Bibliothek nutzen, sondern auch als Aktionsraum abweichend von markierten Betrachtungswegen als Erlebniswelt verstehen.

Den Themenbereich von der impressionistischen Skizzenhaftigkeit zu den Farbimpulsen des Fauvismus bis hin zu abstrakten Meditationen und den daraus resultierenden Wechselwirkungen der progressiven deutsch-französischen Kunstszene spannend (im kleinen Museum) darzustellen, ist eine organisatorische Glanzleistung einer Neuauflage der ausstellerischen Initiativen, die 1911 von den "Blauen Reiter" ausging

 

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